Themen und Forderungen zur Bundestagswahl 2025

© vida/Österreich
IDAHOBIT
22.10.2024

Der BAK Queer wird für Euch mit folgenden Forderungen über den Gesamtforderungskatalog von ver.di und dem DGB an die Parteien herantreten, um diese in den Bundestagswahlkampf einfliessen zu lassen.

LGBTIQ-Rechte durchsetzen

1. Reform des Antidiskriminierungsrechts
Novellierung des AGG und 5. Antidiskriminierungsrichtlinie der EU endlich verabschieden

Bei der Novellierung des AGG geht es neben den bekannten Kernforderungen wie Abschaffung Kirchenprivileg, Schaffung Verbandsklagerecht und Ausweitung des Anwendungsbereichs auf öffentliche Stellen auch um spezifischere LSBTIQ Themen wie Aufnahme des „sozialen Status“ , „chronischen Krankheiten“ und „genetischer Disposition“ als Diskriminierungsgrund, der Klarstellung, dass „Geschlecht“ auch  „Geschlechtsidentität“ umfasst, der Erweiterung des Begriffs „sexuelle Identität“ um den Begriff „sexuelle Identität und Lebensweisen" und der Aufnahme der Kategorie ‚Familienstand‘ und ‚familiäre Fürsorgeverantwortung‘ als weitere Diskriminierungskategorie. Weiterhin sollte der Diskriminierungsschutz der Mutterschaft auf Elternschaft ausgeweitet werden und die Einschränkung der sexuellen Belästigung auf den Bereich Beschäftigung muss gestrichen werden.
Infolge der zunehmenden Arbeinehmerfreizügigkeit, aber auch durch das Festhalten einzelner Länder an Ausnahmevereinbarungen und dem Rollback einiger Länder durch populistische oder rechte Regierungen ist es notwendig, den gleichen zivilrechtlichen Schutz besonders für LSBTIQ vor Diskriminierungen wie in Deutschland in allen Ländern in Europa zu gewährleisten. Daher soll Deutschland sich dafür einsetzen die 5. Antidiskriminierungsrichtlinie der EU nach 16 Jahren endlich zu verabschieden.

2. Reform des Familienrechts
Rechtsinstitut der Verantwortungsgemeinschaften zur Übernahme von gegenseitiger Verantwortung jenseits von Ehe, Familie und Partnerschaft zügig einführen sowie die Reform des Abstammungsrechts u.a.

Familie wird heutzutage auch jenseits von Liebesbeziehungen und Ehe von Menschen unterschiedlicher Zusammensetzung gelebt, die füreinander Verantwortung übernehmen. Es soll ein gesetzlicher Rahmen
geschaffen werden, um persönliche Näheverhältnisse durch das Rechtsinstitut der Verantwortungsgemeinschaft rechtlich abzusichern. Dieses sollte auch durchsetzbare Rechte auf und durchsetzbaren Pflichten
zur Verantwortungsübernahme begründen, sowie Rechtsfolgen im Verhältnis zu Kindern, Erbrecht, Aufenthaltsrecht, steuerliche Vergünstigungen und Regelungen zur ökonomischen Absicherung von Sorgeleistenden
beinhalten. Neben der symbolischen Anerkennung braucht es eine materielle Gleichstellung der Vertragspartner*innen durch einen finanziellen Ausgleich für (faktische) Lebensgemeinschaften, insbesondere mit
Kindern. Die Maßnahmen der Gleichstellung der Verantwortungsgemeinschaft sollten einhergehen mit weiteren Reformen, wie Beseitigung bestehender Diskriminierung im Abstammungsrecht, damit ein Kind, das in
die Ehe von zwei Frauen hineingeboren wird, nicht länger nur einen rechtlichen Elternteil hat oder Trans*, nicht-binäre und intergeschlechtliche Eltern nicht länger nur unter Verletzung ihrer geschlechtlichen Identität
als rechtliche Eltern anerkannt werden, sowie der Prüfung der Einführung von konsensualer Mehrelternschaft und einer Beseitigung bestehender (Gleichheits-)Probleme im Eherecht (z.B. Ehegattensplitting) und der
Kostenübernahme zur Kinderwunschbehandlung auch für gleichgeschlechtliche Paare.

3.  Öffnung GKV für Bundesbeamt*innen

Im Gegensatz zu vielen Bundesländern werden Bundesbeamte mit mehreren Kindern oder mit chronischen und/oder degenerativen Erkrankungen benachteiligt, da diese auch noch den
Arbeitgeberanteil zur GKV selbst tragen müssen, wenn sie nicht in die PKV wechseln können oder wollen. Um diese fortwährende Benachteiligung zu beenden, sollte analog zu zahlreichen Bundesländern die
„Pauschale Beihilfe“ für GKV-versicherte Bundesbeamtinnen und -beamte eingeführt werden, also einen hälftigen Zuschuss des Dienstherrn für die Beiträge in der GKV.
Darüber hinaus sollte der Bundesgesetzgeber das SGB V anpassen, damit Beamte auf Widerruf nach ihrer Ausbildung und Übernahme in eine Beamtenverhältnis auf Probe ohne Anwartschaft in die GKV
zurückkehren könnten. Außerdem sollte der Bundesgesetzgeber im SGB V für Beamtinnen und Beamte die Erklärungsfrist zum Verbleib als freiwilliges Mitglied in der GKV verlängern. Die Entscheidung für den
Wechsel in die PKV nach der Verbeamtung auf Probe ist für das gesamt weitere Leben ausschlaggebend. Viele Beamtinnen und Beamte fühlen sich durch die Erklärungsfirst von drei Monaten für den Verbleib in der
GKV als freiwilliges Mitglied unmittelbar nach der Verbeamtung überfordert um eine abgewogene und den persönlichen (gesundheitlichen) Lebensumständen angepasste Entscheidung zu treffen.

4. Neuer Aktionsplan der Bundesregierung Queer Leben, Ergänzung Artikel 3 Grundgesetz

Der erste Aktionsplan der Bundesregierung Queer Leben hat wegen zu kurzem Zeitraum, mangels räumlicher Beschränkungen auf das direkte Umfeld der Bundesregierung und mangels ausreichender finanzieller
Ressourcen bis jetzt nur wenig Wirkung entfalten können. Jetzt müssen die entstandenen Empfehlungen und Handlungspläne – auch unter anderen möglichen Koalitionen - langfristig abgesichert und als
Querschnittsaufgabe aller Bundesressorts mit finanziellen Mitteln hinterlegt werden. WIr brauchen die Verstetigung eines ständigen Nationalen Aktionsplanes Queer mit besserer finanzieller Ausstattung und dem
Vorschlagsrecht für gesetzgeberische Maßnahmen. Schlussendlich müssen wir auch feststellen, dass auch wenn Artikel 1 GG eigentlich schon immer jede Form von Diskriminierung ausschließen soll, trotzdem
schwule und bisexuelle Männer im Nachkriegsdeutschland der Verfolgung durch § 175 StGB unterworfen waren oder lesbischen Frauen das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen wurde. LSBTIQ* waren als einzige NS-
Opfergruppe bewusst nicht in Art. 3 Abs. 3 aufgenommen worden. Ein Anfangsfehler, der die Fortschreibung des Unrechts ermöglichte. Daher ist ein spezifiziertes Diskriminierungsverbot in Artikel 3 Abs. 3 GG
notwendig und im Hinblick auf sich eventuell verändernde politische Machtverhältnisse unumgänglich, damit LSBTIQ* dadurch nicht eine sukzessive Entrechtung, Marginalisierung und eine massive Zunahme von
Hassgewalt und staatlicher Diskriminierung drohen.