Internationales

2. GLBT-Gewerkschaftsforum von EI und PSI in Wien

14.10.2007
Erstes GLBT Forum von EI und PSI 2004 in Porto Alegre

Vom 21.-22.9.2007 fand in Wien das zweite gemeinsame GLBT-Gewerkschaftsforum von EI und PSI, also der Bildungsinternationale und der Interrnationale der öffentlichen Dienste statt. Der Bundesarbeitskreis hat mit einer ver.di-Delegation daran teilgenommen.

Nachfolgend ein Bericht von Bodo Busch:

IÖD–Kongress und –LSBT–Forum in Wien 2007

Am 21./22.9.2007 fand in Wien im Vorfeld des Weltkongresses zum 100-jährigen Bestehen der Internationale der Öffentlichen Dienste (IÖD) das zweite gemeinsame „Forum der sexuellen Vielfalt“ von IÖD und Bildungs-Internationale (BI) zu den Rechten von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern (LSBT) im Arbeitsleben sowie der Bekämpfung von Vorurteilen und Diskriminierung statt. Es nahmen ca. 65 VertreterInnen von IÖD- und BI-Gewerkschaften aus 19 Ländern teil. Aus Deutschland waren ver.di mit drei und die GEW mit einem Kollegen vertreten. Das Forum wurde geleitet von den ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern Juneia Batista (Brasilien) für die IÖD und Bob Chase (USA) für die BI. Tagungssprachen waren Englisch, Spanisch und Französisch.

Bericht: vom ersten zum zweiten Forum

Das zweite Forum baute auf auf den Ergebnissen des ersten, das 2004 im Vorfeld des BI-Weltkongresses in Porto Alegre statt fand. Damals nahmen über 120 VertreterInnen teil und erarbeiteten eine Erklärung mit Empfehlungen an die geschäftsführenden Vorstände der beiden Dachverbände, die diese 2005 in einen gemeinsamen Aktionsplan umsetzten.

Nora Wintour, die lange Zeit als Mitarbeiterin der IÖD für Gleichstellungsfragen arbeitete, berichtete zu Beginn, was seitdem aufgrund der Empfehlungen geschah: IÖD und BI arbeiteten eng mit dem Internationalen LSBTI-Verband ILGA zusammen, z.B. bei der Lobby-Arbeit zur Zulassung von ILGA und anderen LSBT-Nichtregierungsorganisationen im ECOSOC-Forum der UNO. (Die ILGA war auch bei der Eröffnung des Forums vertreten und rief u.a. in Erinnerung, dass es immer noch 84 Staaten gibt, in denen Homosexualität eine Straftat ist, und dass diese in 7 davon mit dem Tode bestraft wird.) Das Internationale Arbeitsamt (ILO) widmete in seinem aktuellen Bericht über Diskriminierung zum ersten Mal der Diskriminierung von LSBT ein Kapitel, und zu LSBT-Themen wurden Verbindungen zum neu gegründeten Internationalen Gewerkschaftsbund IGB und zum Verband der Gewerkschaftsdachverbände aufgenommen. Eine nach dem letzten Forum gebildete Steuerungsgruppe beriet IÖD und BI bei der Umsetzung der Empfehlungen zwischen den Foren, der Erstellung einer gemeinsamen Website und einer gemeinsamen Publikation (s.u.) sowie bei der Vorbereitung des Wiener Forums.

Nora wies auch auf die gute Unterstützung des scheidenden IÖD-Generalsekretärs Hans Engelberts für die Arbeit der Foren und auf den Bezug des Forums zum aktuellen Thema des IÖD-Weltkongresses („Qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen für alle“) hin: Es gebe keine „Quality“ ohne „Equality“, und „Equality“ könne nicht sein, wo Diskriminierung stattfindet. Nach weltweiten Wellen der Privatisierung setze sich langsam wieder die Einsicht durch, dass nur die öffentliche Erbringung angemessene, faire und durch Rechenschaftspflicht nachvollziehbare öffentliche Dienstleistungen ermögliche, die der Schlüssel für die Dynamik moderner Gesellschaften seien. Dazu gehöre auch der Respekt vor denjenigen, die sie erbringen. Im Kampf gegen Privatisierung und Deregulierung würde aber z.B. von der Gegenseite auch oft versucht, einzelne Gewerkschaftsführer über deren Homosexualität zu demontieren (wie bei dem Kollegen Juan Carlos Paniagua aus Costa Rica, der sich mit seiner Organisation gegen das nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA und für LSBT-Rechte einsetzt). Nachfolgerin von Nora Wintour als IÖD-Hauptamtlerin für Gleichstellungsfragen ist Chidi King.

Eröffnungsrede von Svend Robinson

Die Eröffnungsrede des Forums hielt der Kanadier Svend Robinson. Svend war von 1979 bis 2004 für sieben Legislaturperioden Abgeordneter der sozialdemokratischen Neuen Demokratischen Partei Kanadas im kanadischen Unterhaus, wo er sich im Verfassungsausschuss von 1980/81 u.a. für die Verfassungsrechte von Gewerkschaften sowie von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern einsetzte. Im Frühjahr 1988 war er der erste offen schwule Abgeordnete in Kanada. Sein Engagement galt aber auch den Rechten von Ureinwohnern und Umwelt, er war Delegierter bei der UNO und in der UN-Menschenrechtskommission.

In seiner bewegenden Rede machte er deutlich, wie mit dem zunächst erfolglosen Versuch der Verankerung in der Verfassung, der durch lange hartnäckige Überzeugungsarbeit (z.B. Anhörungen von Betroffenen) schließlich auch unter einer liberal-konservativen Mehrheit gelang, der Grundstein gelegt wurde für die dynamische rechtliche Entwicklung in Kanada 20 Jahre später zu Themen wie Antidiskriminierung, Partnerschaft und Adoption oder Asyl. Das mache vielleicht auch für die Entwicklung in anderen Ländern deutlich, welche Schlüsselrolle verfassungsmäßige Grundrechte hätten.

Ab 2006 arbeitete Svend als Anwalt für die Gewerkschaft der Regierungsangestellten von British Columbia, seit Frühjahr 2007 ist er als Hauptamtler der IÖD in deren Hauptquartier in Ferney-Voltaire (Frankreich, nahe Genf) für qualitativ hochwertige Öffentliche Dienste, gegen Privatisierung und Deregulierung sowie für das Recht öffentlich Bediensteter aktiv, mit Respekt und Würde behandelt zu werden. Dabei arbeitet er mit internationalen Organisationen wie OECD, UNO, ILO, WTO sowie internationalen NGO’s. In dieser Eigenschaft ist er sicher ein guter Ansprechpartner und Anwalt für den von Nora Wintour beschriebenen Zusammenhang zwischen „Quality“ und „Equality“. Außerdem wird Svend einer der beiden Vorsitzenden der (nach Amsterdam 1998, Sydney 2002 und Montreal 2006) vierten weltweiten „Workers Out“-Konferenz zu Homosexualität, Arbeit und Gewerkschaften 2009 in Kopenhagen sein.

Wiener Antidiskriminierungsstelle

Als ein örtliches Beispiel guter Praxis stellte sich die Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen vor, eine Besonderheit der Stadt Wien im Unterschied zu den übrigen acht österreichischen Bundesländern, die nicht im Zusammenhang mit der Umsetzung der EU-Richtlinien eingerichtet wurde, die wie in Deutschland Bundesrecht ist, sondern 1998 aufgrund einer Vereinbarung des rot-grünen Magistrats. Aufgabe der ADS ist zum einen Beratung von Lesben und Schwulen in Diskriminierungsfällen oder beim Umgang mit Behörden, z.B. bei Adoptionen oder bei Namensrecht bei deutschen oder anderen ausländischen Lebenspartnerschaften (in Österreich gibt es nichts vergleichbares), zum anderen die Beratung der Stadt (etwa kritische Sichtung des Landesrechts auf diskriminierende Bestimmungen) und die Vermittlung zwischen Stadt und Lesben-, Schwulen-, Bisexuellen- und Transgenderbewegung sowie Vernetzung und Austausch mit vergleichbaren Stellen in Europa.

Österreichische Gewerkschaften waren im Forum nicht vertreten und haben bisher keine LSBT-Strukturen – auch wenn der ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer beim IÖD-Kongress im persönlichen Gespräch mehrfach versicherte, dass er die Bildung einer solchen Gruppe sehr begrüßen und unterstützen würde.

Workshops

Um Erfahrungen auszutauschen und weitere Empfehlungen zu sammeln, fanden vier mal zwei parallele Workshops statt zu Themen wie dem Zusammenhang von Qualität öffentlicher Dienstleistung und Diversity, internationale Zusammenarbeit, Antidiskriminierung im Arbeitsleben durch betriebliche, tarifliche, gesetzliche Regelungen und Mediation, Verbesserung der Gewerkschaftsarbeit für LSBT, Erfahrungen mit externen Projekten und Trainings. Außerdem gab es kurze Treffen für die vier Regionen Afrika, Asien-Pazifik, Inter-Amerikas und Europa.

Website und Broschüre

Zwei Ergebnisse von Arbeitsaufträgen des Forums von Porto Alegre wurden auf dem Forum und auf dem IÖD-Kongress vorgestellt: Eine gemeinsame Website von IÖD und BI (lgbt.world-psi.org), die der Sammlung und Verbreitung von Informationen, Dokumenten und Beispielen guter Praxis dienen soll, und eine gemeinsame Broschüre „Trade Unionists together for LGBT rights“ („GewerkschafterInnen gemeinsam für LSBT-Rechte“) der beiden Dachverbände, die die zehn Jahre alte erste gemeinsame Broschüre „Working for lesbian and gay members“ ersetzen soll.

Empfehlungen

Im Vergleich zu den umfangreichen Empfehlungen des ersten gemeinsamen LSBT-Forums in Porto Alegre 2004 fielen die Empfehlungen des zweiten Forums eher kurz aus:

Sie bestätigen die Empfehlungen von Porto Alegre, begrüßen den bisher erreichten Fortschritt in der Umsetzung und empfehlen, dass IÖD und BI den Empfehlungen weiter folgen, mit Schwerpunktsetzung in folgenden Bereichen:

a. Überprüfen von Struktur und Arbeit der Steuerungsgruppe

b. Förderung von Verbreitung und Gebrauch der Broschüre

c. Stärkung und Förderung von Aktivitäten zu LSBT Themen auf der Ebene der vier Regionen

d. Bekanntmachen und Verbessern der Website, u.a. in Bezug auf die Themen:

i. Beispiele guter Praxis

ii. Tarif- und Betriebsvereinbarungen

iii. Erfolgreiche rechtliche Aktivitäten

e. Fortsetzung und Verstärkung der Zusammenarbeit mit der ILO und anderen internationalen Agenturen und Organisationen

f. Erhöhte Sichtbarkeit für die Gleichberechtigung von Transgendern

g. Fortsetzung der internationalen LSBT-Foren

Für die Förderung dieser Empfehlungen sollten die Dachverbände angemessene Mittel einplanen.